Das Haus, in dem Geschichte atmet

Artikel bewerten
(1 Stimme)
Endlich eröffnet: Das Dehmelhaus in Blankenese im neuen Look. Endlich eröffnet: Das Dehmelhaus in Blankenese im neuen Look. Foto: Wolf Achim Wiegand
Blankenese (22.09.2016, Wolf Achim Wiegand) · Das Richard-Dehmel-Haus erwacht aus dem Dornröschenschlaf: Nach jahrelanger Verwahrlosung und millionenschwerer Restaurierung öffnet das Richard-Dehmel-Haus in Blankenese seine Türen für die Öffentlichkeit. Damit ermöglicht sich ein Blick in die Welt eines fast vergessenen Künstlerpaares, das vor hundert Jahren von Hamburg aus die deutsche Geisteswelt mitprägte. Hintergründe über die einstigen Bewohner.
Wer von seinen Freunden ein ganzes Haus geschenkt bekommt, der muss wohl ein ziemlicher besonderer Mensch sein. Richard Dehmel (1863–1920) war so einer. Jedenfalls machte der Dichter so viel Eindruck auf seine Weggefährten, dass sie ihm zum 50. Geburtstag in Blankenese eine Villa bauen ließen. Der streitbare Richard Dehmel galt in der damals politisch aufgewühlten Zeit als einer der größten zeitgenössischen Lyriker: bereits 1913 waren mehr als 500 seiner Gedichte vertont worden. Heute ist Dehmel nahezu unbekannt.
Seinem Haus in Blankenese erging es ähnlich: Glanz und Gloria folgte Niedergang. Denn als die Dehmels nicht mehr waren, blieb das Erdgeschoss der grauen Villa über Jahrzehnte unberührt. Efeu wucherte die Wände empor, der Garten verkam zur Unkrautsämerei. Nun, nach aufwendiger Restaurierung im Inneren und einem ockerfarbenen Anstrich außen, öffnet sich wie in einer Zeitkapsel ein einzigartig erhaltenes bedeutendes Künstlerhaus.
In den Mauern der Villa unweit vom Süllberg versammelte das freisinnige Ehepaar Dehmel die Crème de la Crème der damaligen Kunstszene. Die ist damals, in den ersten zwei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, hochpolitisiert. Das Kaiserreich geht seinem Ende zu, steuert dem Ersten Weltkrieg zu. In dieser Zeit des Umbruches versammeln sich im Dehmel-Haus bedeutende Köpfe wie Gerhart Hauptmann, Max Liebermann, Richard Strauss und Walther Rathenau zu intensiven Diskussionsrunden.
Dass der bürgerlich erzogene Dehmel ein Sympathisant der SPD ist (nicht Mitglied) erregt in seinen Kreisen Aufsehen. Er verfasst sozial gefärbte Texte. Sie sind deutschlandweit so etwas wie Vorbilder für das aufgekommene Genre der Arbeiterlyrik. Zugleich provoziert Dehmel in der prüden Epoche mit Werken über sexuelle Lüste und individualistischen Lebensgenuss – hochinteressant für die Klatschpresse und eine Anzeige gegen ihn.
Doch Dehmel ist nicht nur Provokateur. Er zeigt sich auch als Förderer von Talenten, die er mit Tipps versorgt. Hofmannsthal ist darunter, ebenso Rilke, Thomas Mann und Hesse. Zeitzeugen berichten, Dehmel habe keinen Brief unbeantwortet gelassen und täglich stundenlang mit Korrespondenz verbracht.
Genauso spektakulär wie die querköpfigen Gedanken Dehmels ist das frauenrechtliche Engagement von Ehefrau Ida (geb. Coblenz). Auch sie prägte das Geistesleben und das politische Leben Deutschlands mit, vielleicht sogar nachhaltiger, als Richard. Es war in der Blankeneser Villa, dass Ida Dehmel 1926 den Grundstein für den Künstlerinnenverband GEDOK legte, der nun schon 90 Jahre alt ist.
Zu den vielen Widersprüchen der turbulenten Zeit vor hundert Jahren gehört, dass sich Dehmel trotz seine 51 Jahre kurz nach dem Einzug ins komfortable Blankeneser Haus als Kriegsfreiwilliger zur Front meldet. Bis 1916 bleibt der Dichter im Einsatz. Hurra-Patriotismus für Kaiser Wilhelm II. und poetische Mobilmachung gegen die Gesellschaft sind damals nicht unüblich. Laut Historikern schicken die Deutschen allein im August 1914 (ein Monat vor Kampfbeginn) täglich (!) etwa 50.000 Kriegsgedichte an Zeitungen und Zeitschriften… auch Dehmel schreibt, berauscht von nationalistischer Ekstase, auf dem Weg zur Westfront: „Wieder adlerjung!“
Seinen Militäreinsatz bezahlt Dehmel letztlich mit dem Leben: das Dauerhocken im Schützengraben führt zu einer Venenentzündung. Sein Tagebuch vermerkt: „Es ist die bitterste Selbstüberwindung, für eine Sache weiterkämpfen zu müssen, deren menschlichen Unwert man zu spät erkannt hat.“ Dennoch: krankheitsbedingt 1916 aus der Reichsarmee entlassen fordert Dehmel noch 1918 – im Angesicht der Niederlage – ein Freiwilligenheer für Deutschland. Käthe Kollwitz weist das öffentlich scharf zurück: „Genug, genug!“ Am 7. Februar 1920 stirbt Richard Dehmel an seiner Kriegsschädigung.
Ehefrau Ida (Jahrgang 1870) führt die intellektuellen Geselligkeiten in Blankenese nach dem frühen Tod des Ehemanns fort. Die Tochter aus sehr wohlhabendem Hause hatte einst für Richard Dehmel in Berlin den ersten Ehemann und ihr Kind verlassen, wie auch Richard Frau und zwei Kinder zurückließ. Das Schicksal meinte es nicht gut mit Ida: erst fällt der einziger Sohn Lux 1917 in Frankreich, drei Jahre später stirbt Richard.
Zur Trauerbewältigung stürzt sich Ida in Engagements für die Frauenbewegung und die Künstlerhilfe. Aus der Verwaltung des Literatur-Nachlasses von Richard, es sind gut 15.000 Drucksachen, zieht sie Erlöse zur Finanzierung des Hauses. 1926 reicht es nicht mehr. Ida verkauft den gesamten Bestand an die Stadt Hamburg.
Kurz nach der Machtübernahme Adolf Hitlers sieht sich die Bürgerin Blankeneses verstärkt antijüdischen Anfeindungen ausgesetzt. Besonders schockierend: SA-Männer stürmen eine GEDOK-Versammlung und fordern Ida auf, als Vorsitzende zurückzutreten. Gedanken an Auswanderung verwirft sie aus Anhänglichkeit zum Haus.
Um den Attacken zu entgehen, tritt Ida Dehmel 1937 in die evangelische Kirche ein. Nun wird sie vom Zwang befreit, den Judenstern zu tragen. Doch es bleiben Ächtung, Vereinsamung, Depressionen. Am 29. September 1942 nimmt sich Ida Dehmel im Alter von 72 Jahren mit einer Überdosis Schlaftabletten das Leben.

Mehr zum Thema: www.dehmelhaus.de
Adresse: Richard-Dehmel-Straße 1
Öffnungszeiten noch nicht bekannt
Letzte Änderung am Donnerstag, 22 September 2016 12:21

Immobilienbewertung

Immobilienbewertung in den Elbvororten und in der Metropolregion Hamburger Westen - kostenfrei und unverbindlich*
Wohnung
Wohnung
Einfamilienhaus
Einfamilienhaus
Mehrfamilienhaus
Mehrfamilienhaus
Grundstück
Grundstück

*Dies ist ein Service von DorfStadt.de und den Immobilienmaklern Wohnen im Norden GmbH Hamburg/Molfsee. Die mit diesem Formular erhobenen Daten werden auf unserem Medien-Server verarbeitet und gleichzeitig an unseren Partner zur Erstellung Ihrer Immobilienbewertung weitergeleitet.

Für die Bewertung ist ein persönlicher Vor-Ort-Termin unabdingbar. Bei einer detaillierten Bestandsaufnahme werden alle wichtigen Daten und Fakten, die zu Ihrer Immobilie relevant sind, aufgenommen. Anschließend analysieren die Experten unter Berücksichtigung vieler Faktoren wie der Bausubstanz, Lage, Alter der Immobilie usw., die Stärken und Schwächen und ermitteln einen realistischen Verkaufspreis und die durchschnittliche Vermarktungsdauer.

Die Bewertung für Ihr Haus, Ihre Wohnung oder Ihr Grundstück ist professionell, kostenlos und unverbindlich.

Zurück Nächste

Wohnung

Größe der Wohnfläche *
Baujahr
Ort der Wohnung (PLZ)
Anzahl Zimmer
Aufzug vorhanden?
Parkplatz vorhanden?
Einbauküche vorhanden?
Zurück Nächste

Einfamilienhaus

Haustyp *
Größe des Grundstücks
Baujahr
Parkplatz vorhanden?
Wohnfläche
PLZ des Einfamilienhauses
Anzahl Zimmer
Anzahl Stockwerke
Einbauküche vorhanden?
Keller vorhanden?
Zurück Nächste

Mehrfamilienhaus

Grundstücksgröße *
Grundstück erschlossen?
Lage (PLZ) *
Bebaubarkeit
Zurück Nächste

Grundstück

Baujahr *
Anzahl Wohneinheiten
PLZ des Einfamilienhauses *
Wohneinheiten vermietet?
Wohnfläche
Aufzug vorhanden?
Parkplatz vorhanden?
Zurück Nächste

Ihre Persönliche Immobilienbewertung

Vielen Dank für Ihre Auskünfte. Für die kostenlose Immobilienbewertung benötigen wir nur noch Ihre Kontaktdaten. Wir melden uns in der Regel innerhalb von 24 Stunden bei Ihnen zurück.

Anrede *
Nachname *
Name *
Firma
Straße/Nr.
PLZ
Ort
Telefon *
E-Mail *
Datenschutzerklärung *

Ich habe die Datenschutzerklärung zur Kenntnis genommen.

Hinweis: Sie können Ihre Einwilligung jederzeit für die Zukunft per e-Mail an marketing@dorfstadt.de widerrufen.

Zurück Nächste