Diese Seite drucken

Fluglärm: Beruhigungspillen vom Senat?

Klaus Wicher, Sprecher der Fluglärminitiative IFL für den Hamburger Westen Klaus Wicher, Sprecher der Fluglärminitiative IFL für den Hamburger Westen Foto: PR
Elbvororte (22.09.2016, Markus Krohn) · „Statt die besonders belastenden Nachtfüge gänzlich zu verbieten, will der Senat moderate Strafgebühren einführen. Diese Maßnahme ist ungeeignet, um für wirkliche Abhilfe zu sorgen“, beschwert sich Klaus Wicher, Sprecher der Initiative gegen Fluglärm im Hamburger Westen (IFL). „Wir lehnen solche Weichspülereien des Senats ab“. Die Fluglärminitiative IFL hat eine eigene Messstation aufgestellt, um dem Senat auf die Schliche zu kommen. Ergebnis: Es gebe kaum noch überflugfreie Tage. Die IFL registrierte 3.356 Überflüge im Juni und 1.599 einen Monat später. An besonders schlimmen Tagen seien es fast 250 Flugzeuge, die zudem relativ niedrig die Wohnbereiche überfliegen.
Auch Karin Prien, CDU-Bürgerschaftsabgeordnete aus Blankenese sieht die Entwicklung durchaus mit Sorge: „Ein Flughafen mitten in der Stadt, für den sich die Sozialdemokraten seinerzeit, entgegen unserer Empfehlung, entschieden haben, stelle eine große Herausforderung dar. Der notwendige Interessenausgleich darf nicht zu Lasten der Gesundheit der Bürger im Hamburger Westen gehen. Sollte dahinter ein politisches Kalkül von rot-grün stecken wäre das ein Skandal. Das Nachtflugverbot muss eingehalten werden und halbherzige Strafgebühren sind kaum dazu geeignet, die Fluggesellshaften wieder zur Vernunft zu bringen“.
In ein ganz anderes Horn bläst der SPD-Wahlkreisabgeordnete Frank Schmitt aus Lurup, der sich wie seine Kollegin aus Rissen, Anne Krischok, für die fluglärmgeplagten Menschen im Hamburger Westen eingesetzt hatte. In seinem aktuellen Newsletter weist der noch einmal auf den vom Senat im vergangenen Jahr verabschiedeten 16-Punkte-Plan hin. „Davon können alle lärmgeplagten Menschen in Hamburg deutlich profitieren“.
Auch die Pressesprecherin der Flughafen Hamburg GmbH, Katja Bromm, betont noch einmal, wie ernst der Flughafenbetreiber seine Verantwortung gegenüber seinen Nachbarn nimmt und dementiert die Zahlen umgehend. Vor allem könne bei nicht kalibrierten Geräten nicht zwischen Flug- und Straßenlärm unterschieden werden, sodass sich die Daten verfälschen würden. Im Monatsbericht des Airports für den Monat August ist zudem zu lesen, dass über der An- und Abflugrichtung Südwest im August deutlich weniger Flugbewegungen gezählt wurden als im Vorjahreszeitraum. Das berichtete der Flughafen auch schon für das gesamte laufende Jahr. Wicher hingegen ist sich sicher, dass zumindest die Tendenz seiner eigenen Messungen stimme.
Die Initiative bemängelt außerdem, dass nachts in „großer Regelmäßigkeit gegen das Flugverbot verstoßen“ wird. Selbstaufgestellte Regeln würden damit missachtet. Doch auch hier weist Flughafensprecherin Bromm auf die strengen Nachtflugbeschränkungen mit der Verspätungsregelung bis 24 Uhr hin.
Nicht nur die IFL macht sich sorgen. Wie Wicher weiter mitteilte, sei die Fluglärmbelastung seit Beginn der rot-grünen Koalition merklich angestiegen. Das würden auch andere Initiativen so sehen.
Die politischen Vertreter in Hamburg nehmen Gesundheitsschäden vor allem bei empfindlichen Bevölkerungsgruppen wie Kindern und alten Menschen billigend in Kauf, wenn sie nicht endlich zügig und konsequent eine wirkliche Lärmminderung in Angriff nehmen.“
Jetzt will die Initiative gegen Fluglärm im Hamburger Westen im Bundestagswahlkampf 2017 Wahlprüfsteine aufstellen und insbesondere fordern, dass die Bahnbenutzungsregeln eingehalten werden, dass das Flachstartverfahren umgehend eingestellt und dass das Nachtflugverbot nachhaltig durchgesetzt wird. Am Liebsten wäre den geplagten Hamburgern eine Wiederauflebung der Diskussion über einen Verkehrsflughafen außerhalb Hamburgs, damit zumindest der jedes Jahr zunehmende Flugbetrieb künftig ausgelagert werden kann.