Rissen (08.08.2013, Marcus Schmidt) · Am letzten Donnerstag besichtigt Bundesminister Dr. Peter Ramsauer Rissen – zwischen Spatenstich mit Olaf Scholz und Eröffnung der „Hanse Sail“! Genauer: Auf der Verkehrsinsel am Ende des „Canyons“ der B431 hört er Christian Kohler zu. Der Sprecher der Initiative „Verkehrsberuhigung im Hamburger Westen“ hat viel zu berichten. Soviel, dass Gast Ramsauer nach etwa 20 Minuten auf seine Uhr blickt – und dann zum Hamburger CDU-Chef Marcus Weinberg. Auch der kann den Redner nicht bremsen. Dafür kann Kohler das ganze Bild vermitteln:
Wachsenden Lärm durch immer mehr Fahrzeuge. Gigantischer Schwerlast-Verkehr zu Großbaustellen in Wedel. Gefahren durch Raser auf der 431 und in Nebenstraßen. Eine Lösung liegt ihm besonders auf dem Herzen: „Eine Umgehungsstraße zwischen Flerrentwiete und der Industriestraße in Wedel.“ Die Verkehrsbelastung auf der B431 habe seit 1985 um ein Drittel zugenommen: „Das schädigt Natur wie Menschen und gefährdet Kinder.“ Kohler geht von derzeit 33.000 Fahrzeugen auf der Wedeler Landstraße aus. Die führt danach einspurig bis zur Stadtgrenze. Das garantiert morgens und abends Staus – und vorm Canyon Beschleunigungsrennen. Seine Initiative rechne mit 50.000 Autos und Lkw pro Tag: „In jedem Fall!“ Doch der Senat hat seinen Antrag zurückgezogen. Die Pläne lagen schon seit dem Bau des ersten Abschnitts zwischen Flerrentwiete und Sülldorfer Brooksweg vor. Doch der Minister bedauerte: „Ich kann auch nur auf einen Antrag des Senats reagieren“. Der müsse jedoch bis Ende September bei ihm eingehen.
Christdemokrat Weinberg führt aus: „In den 80er wurde der erste Bauabschnitt fertiggestellt. Der Skandal: Man hat den Menschen damals etwas versprochen – es kommt eine Verkehrsberuhigung, eine Ortsumgehung.“ Die Verkehrszahlen wachsen weiter. Der Bahrenfelder kennt Verkehrslärm besser als mancher andere Politiker: „Die Menschen, die hier leben, die ihre Kinder in die Kitas bringen, die in den Seniorenheimen leben, sind in großer Sorge.“
Ramsauer nimmt sich Zeit: „Ich bin auch relativ häufig auf der B431 unterwegs. Sie haben bereits die Lage dargestellt. Klarstellen möchte ich: Nicht ich als Verkehrsminister nehme die Anmeldungen vor, sondern ich nehme die Anmeldungen von den Ländern entgegen. Wir machen nichts gegen den Willen der Länder. Ich habe mich vorher genau eingelesen. Ich bin immer froh, wenn für etwas demonstriert wird.“
Die härteste Kritik kommt von der SPD. Anne Krischok, SPD-Bürgerschaftsabgeordnete aus Rissen: „Es ist schon dreist, dass Ramsauer zunächst von den Ländern verlangt, nur die vordringlichsten Projekte mit nationaler Bedeutung für den Bundesverkehrswegeplan anzumelden und Marcus Weinberg nun eine Ortsumgehung verspricht, die den Bundeskriterien nicht gerecht wird. Das grenzt an Volksverdummung, zumal Dirk Fischer als Mitglied im Bundesverkehrsausschuss das Gegenteil weiß!“ Parteigenosse Matthias Bartke, der SPD-Kandidat für die Elbvororte: „Eine Anmeldung der Umgehung Rissen zum Bundesverkehrswegeplan würde dem Grundsatz widersprechen, den der Bund selbst aufgestellt hat: Instandsetzung vor Neubau. Hamburg hält sich an diese Prioritätensetzung – und die Sperrung des Nord-Ostsee-Kanals vor wenigen Monaten zeigte, dass dies richtig ist. Im Übrigen stand die Ortsumgehung mehr als dreißig Jahre im Bundesverkehrswegeplan und wurde aus guten Gründen nie umgesetzt – auch von den CDU-Senaten nicht.“