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Übernahme: »Liebe auf den ersten Blick«

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Ein guter Kaffee ist immer dabei: Maud Barg und Monika Lühmann letzte Woche am „Übergabe-Tisch“ im Lühmanns Ein guter Kaffee ist immer dabei: Maud Barg und Monika Lühmann letzte Woche am „Übergabe-Tisch“ im Lühmanns Foto: Markus Krohn
Blankenese (12. Januar 2017, Markus Krohn) · Lühmanns Teestube in Blankenese ist ein Kleinod: Nicht nur wegen der gemütlich-individuellen Einrichtung und der langen Geschichte, sondern wegen der familiären Atmosphäre. Hier ist man nicht nur Gast in einem Restaurant, sondern wird wie ein Gast der Familie behandelt. Außerdem ist das Haus über die Jahre zu einem Treffpunkt für alle Blankeneser geworden. In den Elbvororten gibt es wohl kaum jemanden, der nicht wenigstens einmal bei den Lühmanns gefrühstückt hätte... nicht nur Tee, sondern auch Kaffee und Kuchen gibt es hier in einer großen Auswahl. Alles selbstgemacht in einer kleinen aber feinen Küche. Was viele nicht wissen: Das Lühmanns ist nicht nur Café, sondern auch Restaurant! Das gilt vor allem in der Woche, denn am Wochenende ist „unsere kleine Küche meist völlig mit dem normalen Kaffee- und Kuchenbetrieb ausgelastet. Wenn nun, nach einem langen Spaziergang verständlich, jemand Appetit auf warmes Essen hat, müssen wir meist passen... nicht, weil wir nicht wollen, sondern weil der kleine Betrieb einfach zusammenbrechen würde.“ Steht in der Karte. Sympathisch! Die Entscheidung darüber, ob und was alternativ gezaubert werden kann, hat die jeweilige Küchenmannschaft.

Wird nun alles anders? „Nein, alles bleibt so wie immer!“ betonen sowohl die namensgebende Inhaberin Monika Lühmann als auch die neue Inhaberin Maud Barg, die das Unternehmen am 1. Februar 2017 offiziell übernehmen wird.
Begonnen hatten die Lühmanns 1974 als Groß- und Einzelhändler in Blankenese in der alten Schmiede – heute Ristorante Dal Fabro. Damals handelten sie mit Wolle, Fellen und Textilien. „Ganz Blankenese lief in unseren Pullovern und Fellschuhen herum“, erinnert sich Monika Lühmann. Auch auf der Creek-Bahn wurde die Kleidung der Lühmanns gesichtet. Als das Schmiedeviertel abgerissen werden sollte, setzten sich die Lühmanns zum ersten Mal für ihren Stadtteil ein – und retteten immerhin fünf von sieben Häusern vor dem Abriss... – ihre Geschäftsräume mussten sie dennoch räumen. So kamen sie in die Blankeneser Landstraße. In dem Haus gab es zu der Zeit mehrere Läden, einen davon bezogen Lühmanns. Bald erweiterten sie sich und auch das Sortiment der Lühmanns veränderte sich mit dem Modegeschmack ihrer Kunden. Neu hinzu kamen Knöpfe, hochwertige Fellmäntel und hochwertige Tuche (Tweets) aus England. Der Handel mit Herstellern aus Großbritannien weitete sich aus und auf der Insel lernten die Lühmanns auch das Konzept aus Einzelhandel und Teestube kennen und schätzen.
Die Idee setzte sich auch schnell in Blankenese durch. Nach einer anfänglich kleinen gemütlichen Ecke im Laden der Lühmanns wurde bald mehr und die Behörden wurden aufmerksam: „So etwas gibt es  in Deutschland doch gar nicht“, erfuhren die beiden Teestubenbetreiber und wurden aufgeklärt, dass sie wenigstens drei Toiletten vorweisen müssten, um eine Genehmigung für die Teestube zu erhalten. Glücklicherweise konnten sich die Lühmanns in dem Gebäude ausbreiten und bauten das Haus so Stück für Stück aus und um. Ein großes Glück, denn das Haus wäre sonst sehr bald abgerissen worden. Die Lühmanns fanden bei der liebevollen stückweisen Restauration zahlreiche Wände, hinter denen ganze Räume oder zusätzliche Fenster sichtbar wurden, oder Böden, die zwischenzeitlich unter Linoleum versiegelt waren. So erhielt das Haus in den letzten 28 Jahren sowohl außen als auch innen seinen unvergleichlichen Charme. Heute steht das Gebäude von 1934 unter Denkmalschutz. Wer heute das Café betritt, geht durch den Wintergarten in ein Haus mit mehreren Zimmern, die mit kostbarem Mobiliar und Bildern ausgestattet sind, die Geschichten erzählen und neugierig machen auf mehr.

Und dieses „Mehr“ wird es in Zukunft auch geben: Die Nachfolgerin der Lühmanns, Maud Barg, plant, neben dem Restaurantbetrieb eine eigene Produktlinie unter der Marke „Lühmanns“ mit Marmeladen, Tees, Keksen oder Scones aufzubauen. Dann kann man die leckeren Marmeladen oder Tees auch mit nach Hause nehmen. Die in Rendsburg in Schleswig-Holstein geborene 42-Jährige hat Architektur in Aachen und Seattle studiert und 10 Jahre lang in Wien gearbeitet. In der österreichischen Hauptstadt entdeckte sie die Caféhäuser für sich. Schon in dieser Zeit gedieh der Wunsch, sich selbständig zu machen. Nachdem sie aus familiären Gründen nach Hamburg zog, lernte sie vor zwei Jahren zum ersten Mal das Lühmanns kennen – und lieben. Als dann die Nachricht von der Nachfolgersuche die Runde machte, zögerte sie nicht lange und stellte sich den Lühmanns als Interessentin vor. „Das Flair und das umfangreiche Angebot mit den beliebten Rezepten bleiben unbedingt erhalten“, legte sich die 42-jährige Quereinsteigerin gleich fest und stach damit 24 weitere Bewerber aus, darunter gestandene Profis, die aber allesamt ihr eigenes Konzept einbringen wollten.
Die Lühmanns freuen sich nun über die Weiterführung in ihrem Sinne: „wir haben ein sehr gutes Gefühl, unser Café in die Hände von Maud Barg zu legen. Wir verstehen uns prächtig. Es ist fast so, als würde unsere Familie erweitert“, sagt Monika Lühmann, die sich mit 76 Jahren freut, in den Ruhestand wechseln zu können. „Den Bed & Breakfast-Betrieb halten wir aber aufrecht“, ergänzt Uwe Lühmann. Damit könnten sie ihre Rente noch ein wenig aufbessern, erklärt der 79-jährige mit einem Blinzeln. Außerdem bleiben die beiden aktiv und auch ihren Gästen erhalten, denn zum Frühstükken werden die Lühmanns weiterhin in ihren geliebten Wintergarten kommen. Und so richtig ruhig wird es um die beiden ohnehin nicht werden, denn vor allem Monika Lühmann will sich weiter für eine Fährverbindung im Hamburger Westen einsetzen.

Lühmanns Teestube
Café · Restaurant · B&B
Blankeneser Landstraße 29
Tel.: 86 34 42
www.luehmanns-teestube.de

Gelesen 4081 mal Letzte Änderung am Freitag, 20 Januar 2017 11:34