Der Norden mag es umweltbewusst
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Elbvororte (28. September 2018, PM) · Deutsche gelten als Öko-Freunde. Das Interesse an grünen Lösungen wie der Energieerzeugung durch Sonne und Wind steigt ständig, Plastikmüll und Meeresverschmutzung bewegen die Gemüter, und Klimawandel steht mit an vorderer Stelle der Dinge, die bei Umfragen als Bedrohung für den Planeten genannt werden.
Soweit die Theorie. Doch wie sieht es mit der Praxis aus? In Punkto Ökostrom kann sich Deutschland sehen lassen. Im Jahr 2017 wurden rund 36 Prozent des Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen gedeckt – im Vergleich zum Vorjahr ein satter Zuwachs von 16 Prozent. In skandinavischen Ländern wie Dänemark und Schweden sind es zwar mittlerweile sogar rund 50 Prozent, aber im Gegensatz zu diesen Ländern ist Deutschland dicht besiedelt und hoch industrialisiert.
Für fast alle Bundesbürger steht Umweltschutz hoch im Kurs, und zwar als Thema für Individuen wie für den Staat. Doch obwohl in Umfragen immer wieder die Wichtigkeit betont wird, gesunde Lebensmittel aus regionalem Anbau zu kaufen, macht der Anteil an Bio-Waren erst rund fünf Prozent aus. Ähnlich sieht es im Straßenverkehr aus. Obwohl vor allem Dieselfahrzeuge und Spritfresser die Umwelt stark belasten, sind nur wenige Deutsche bereit, das Auto stehen zu lassen und statt dessen auf den öffentlichen Nahverkehr, das Fahrrad oder Schusters Rappen umzusteigen.
Etwas anderes ist es im Bereich Wohnen. Deutsche Häuser sind bekannt für ihre Qualität, auch was Isolierung und Wärmegewinnung anbelangt. Immer mehr Wert wird dabei auf umweltfreundliche Materialien gelegt. Bestes Beispiel aus dem Norden ist die „Wildspitze“, ein 64 Meter hohes Holzgebäude für die Hamburger Hafencity. Das höchste Holz-Haus der Bundesrepublik soll insgesamt rund 100 Millionen Euro kosten und bis 2021 fertig gestellt sein. Darin untergebracht werden rund 190 Wohnungen. Knapp ein Drittel davon soll öffentlich gefördert werden. Außerdem soll die nach einem Berg in Tirol benannte „Wildspitze“ die Zentrale der Deutschen Wildtier Stiftung, eine Dauerausstellung zu Wildtieren in der Bundesrepublik sowie das erste Naturfilm-Kino des Landes beherbergen.
Holz als Baustoff ist alles andere als neu. In Skandinavien, Kanada und den USA, ist das Material traditionell im Einsatz. In Deutschland liegt der Marktanteil erst bei 16 Prozent, aber das Interesse an Holz als Baumaterial steigt auch aufgrund des guten Raumklimas und der Energieeffizienz.
Die Erbauer des 18 Stockwerke hohen Hamburger Wolkenkratzers am Elbrand setzten lediglich bei den Treppenhauskernen auf Stahlbeton. Der Rest des Gebäudes inklusive tragender Teile und Hülle sollen aus Holz konstruiert werden. Eine gläserne zweite Fassadenhaut soll als Lärm-, Witterungs- und Brandschutz dienen. Hinter der Hülle werden für jede Wohnung Loggien errichtet, die den Ausblick über Wasser oder Stadt ermöglichen.
Das Vorzeigeprojekt soll zugleich Aushängeschild für die Hafencity sein, Interesse an der Situation der Wildtiere wecken und als Pilotprojekt für den Umgang mit Holz nicht nur bei Wolkenkratzern dienen. Schließlich ist auch das deutsche Öko-Bewusstsein noch erweiterbar.