HSV: Demut und Dankbarkeit
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Elbvororte (20.05.2015, Kommentar von Joy Dahlgrün-Krall) · Ich bin der Meinung, dass die Verbindung zu einem Verein mit einer Ehe gleichzusetzen ist. Man geht eine lebenslange Bindung ein und im Vergleich zu einer tatsächlichen Vermählung hat „bis das der Tod uns scheidet“ wirkliches Gewicht.
Viele Fans kommen durch Verwandte oder Freunde das erste Mal ins Stadion und entwickeln dort die Liebe zu ihrem Verein. Mir ging es da auch nicht anders. Ich bin quasi mit der Raute auf die Welt gekommen. Doch eine Ehe besteht aus Geben und Nehmen – nach etlichen Aufs und Abs kam es jedoch zur „Trennung“. Das was diesen Verein einst ausmachte, wohl auch weit vor meiner Zeit, ist verloren gegangen.
Wenn man mich fragt, fing der Verfall mit der Vermarktung des Stadionnamens an. Erstmalig in der Geschichte der Bundesliga wurden die Namensrechte eines Stadions an den Höchstbietenden verschachert. Zwar hat man nun das gute alte Volksparkstadion zurück, aber auch nur aufgrund eines Mannes, an dem sich die Geister scheiden.
Was ist aus dem Hamburger SV geworden? Ernst nehmen kann ich das alles zumindest nicht mehr. Widersprüchliche Aussagen in der Presse taten ihr Übriges: Kühne ist toll, Kühne ist doof, Kühne ist toll, Kühne ist doof. Wenn man mich fragt, hat das Ganze etwas von Kindergarten. Und das ist nicht das Einzige, das mich etwas ratlos vor der gesamten Situation stehen lässt.
Der HSV ist schon lange nicht mehr die Nummer eins im Norden, will dieses Image aber um jeden Preis aufrecht erhalten und macht sich so vollkommen lächerlich. Sich zwei Saisons hintereinander vor dem Abstieg zu retten, macht keinen Topklub aus.
Warum können Spieler wie Nicolai Müller oder Lewis Holtby ihre Stärken nicht abrufen? Warum verliert in der Regel jeder an Qualität, der zum HSV wechselt und warum kann man die Spieler mit Potential nicht halten? Im Grunde hat der Verein alles, um im oberen Drittel der Liga mitzuhalten, meiner Ansicht nach scheitert man jedoch an der Arroganz mancher.
Ich würde mir in Zukunft ein wenig mehr Demut wünschen. Auch auf die Gefahr hin mit folgendem ein paar Gemüter zu erhitzen. Nehmt euch ein Beispiel an Werder Bremen. Selbst nach Erfolgen verlor man nie die Bodenhaftung. Das ist zwar kein Allheilmittel, aber immerhin kann man Werder stets für voll nehmen. Und das wäre zumindest schon mal ein erster Schritt.
Joy Dahlgrün-Krall (30) war zehn Jahre lang Mitglied beim HSV und arbeitete vier Jahre für den FC St. Pauli im Bereich Medien. Seit 2013 betreut und berät sie Sportler in den Sozialen Medien.